Das Kreuzburger Land
Ziemia kluczborska
Das Kreuzburger Land ist das nördlichste Kreisgebiet Oberschlesiens. Es war bis 1945 überwiegend evangelisch geprägt. 1945 wurde dieses Gebiet wie ganz Schlesien auf der Potzdamer Konferenz der Alliierten unter polnische Verwaltung gestellt.
Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands erfolgte am 14. November 1990 die Unterzeichnung des Grenzvertrages mit der Republik Polen, in dem die bestehende Grenze zwischen beiden Staaten – die Oder-Neiße-Linie – als „unverletzlich“ und endgültig festgelegt wurde. Damit wurde Schlesien mit dem Kreuzburger Kreisgebiet endgültig Teil des polnischen Staatsgebietes.
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Kurze Geschichte des Kreuzburger Landes
von Peter Klotz
Urkundliches Quellenmaterial über das Kreuzburger Land steht erst ab dem 13. Jahrhundert zur Verfügung. Über die Siedlungstätigkeit vor dieser Zeit lassen sich lediglich Aussagen an Hand von Siedlungs- bzw. Grabungsfunden machen.
Funde aus der Jungsteinzeit (5500 – 2200 v. Chr.) sowie aus der jüngeren Bronzezeit (1000 – 800 v. Chr.) zeigen, daß im Kreuzburger Land bereits eine frühe Besiedlung vorhanden war.
Ende des 6. Jahrhunderts vor Christi dringen frühgermanische Stammesgruppen der von der Ostsee stammenden Skiren und Bastarnen nach Schlesien ein, die sich offenbar auch im Kreuzburger Land angesiedelt haben, wie Funde von Proschlitz beweisen.
Den anschließend aus dem böhmisch-mährischen Raum eindringenden Kelten folgen um etwa 100 v. Chr. die Wandalen, deren Grabanlagen im Kreuzburger Land nachgewiesen werden konnten.
Während der Völkerwanderungszeit ziehen die Wandalen um 400 n. Chr. aus Schlesien ab und lassen sich Jahre später in Nordafrika nieder.
In das weitgehend entvölkerte Schlesien sickern anschließend slawische Stämme ein, die die verlassenen germanische Siedlungsplätze auch im Kreuzburger Land übernehmen.
Im 12. bzw. 13. Jahrhundert setzt unter den schlesischen Piasten eine rege Siedlungstätigkeit ein, die vornehmlich Siedler aus dem deutschsprachigen Raum nach Schlesien holt.
In diese Zeit fällt auch die erneute Besiedlung des Kreuzburger Landes und die Neugründung von Städten und Dörfern nach dem damaligen modernen Magdeburger Stadtrecht.
Das Kreuzburger Land gehörte damals zum Einflußbereich der niederschlesischen Piasten und verblieb auch später ein Teil Niederschlesiens bis 1820. In diesem Jahr wurde der Kreis Kreuzburg auf Beschluß der preußischen Regierung dem Regierungsbezirk Oppeln zugeschlagen.
Mit der Besiedlung des Kreuzburger Landes beauftragten die niederschlesischen Piasten den Orden der „Kreuzherren mit dem roten Stern“ etwa um 1250 , der seit dem 13. Jahrhundert das Kreuzburger Land über eine Zeitspanne von mehreren Jahrhunderten entscheidend geprägt hat. Die Kreuzherren gründeten die Stadt „Cruceburch“ , in der sie ein Hospital errichteten und begannen mit der Neugründung von Dörfern wie z.B. Ullrichsdorf, Kuhnau, Kotschanowitz, Kunzendorf und Lowkowitz.
Der Vertrag zwischen den schlesischen Herzögen Heinrich und Wladislaus und den Kreuzherren wurde in dem Stiftungsbrief vom 26.02.1253 bestätigt, der als Gründungsurkunde der Stadt Kreuzburg gilt.
Bereits Herzog Heinrich III. war dazu übergegangen, neben der Siedlungstätigkeit der geistlichen Orden eine eigenständige Siedlungspolitik zu betreiben, die sich in der Schaffung des sogenannten „Weichbildsystems“ ausdrückte, bei dem ein ganzer Distrikt mit einem städtischen Mittelpunkt einem Großunternehmer als Lokator übertragen wurde. Beispiele für diese neue Politik sind die Gründungen von Konstadt und Pitschen.
Diese neue Siedlungspolitik wurde von Herzog Heinrich IV. weiter forciert und erklärt die Rückübertragung Kreuzburgs in herzoglichen Besitz. Nun bestand das Kreuzburger Land aus 3 Weichbildern – Konstadt, Kreuzburg und Pitschen – als Zentren herzoglicher Gewalt.
Nach dem Tod Herzog Heinrich IV. von Breslau, Oels, Münsterberg und Brieg gelangte das Kreuzburger Gebiet an Herzog Heinrich den Treuen von Glogau und nach dessen Tod im Jahre 1309 für kurze Zeit an Conrad I. von Oels.
Bereits 1320 vereinigte Herzog Boleslaus von Brieg die Städte Pitschen, Kreuzburg und Konstadt wieder mit Brieg. Dessen Sohn Wenzel, der ein verschwenderischen Lebensstil pflegte, verpfändete zur Deckung seiner hohen Ausgaben u.a. Kreuzburg, Pitschen und Konstadt an Herzog Boleslaus von Schweidnitz, der das Pfandrecht den Fürsten Ladislaus und Bolko von Oppeln übertrug. Verpfändungen von Städten und deren Weichbildern waren in der damaligen Zeit ein probates Mittel der Geldbeschaffung. Diese Geldbeschaffungsmethode nutzten auch für die Brieger Herzöge.
Bis 1335 gehörte Schlesien und damit auch das Kreuzburger Land zum polnischen Staat.
Mit dem zwischen König Johann von Böhmen und dem polnischen König Kasimir I. in Trentschin geschlossenen Vertrag wurde Schlesien 1335 Teil des Böhmischen Königreiches.
1435 gelangte das Konstädter Land an das Fürstentum Münsterberg-Oels, so daß nunmehr nur noch das Pitschener und Kreuzburger Weichbild Bestandteil des Herzogtums Brieg blieben.
1526 starb das böhmische Königshaus aus, so daß Böhmen und Schlesien dadurch an das Habsburger Reich fiel.
Nach der Eroberung Schlesiens durch die Preußen wurde bereits 1742 mit der Neuordnung des Landes begonnen. Das Land wurde in Landkreise aufgeteilt, denen Landräte vorstanden.
Der Kreis Kreuzburg wurde aus den Weichbildern Pitschen, Kreuzburg und Konstadt gebildet. Letzteres verbleib grundherrschaftlich bis 1884 beim Fürstentum Oels, das im selben Jahr aufgelöst wurde. Bei der Neugliederung der Regierungsbezirke in der preußischen Provinz Schlesien am 01.05. 1816 gehört der Kreis Kreuzburg weiterhin zum Regierungsbezirk Breslau.
Sitz der Kreisverwaltung war die Stadtgemeinde Konstadt.
Am 01. 05. 1820 erfolgte die Eingliederung des Kreises Kreuzburg aus dem Regierungsbezirk Breslau in den Regierungsbezirk Oppeln.
Der Kreis Kreuzburg tritt am 01.07.1867 dem Norddeutschen Bund bei. Sitz der Verwaltung ist weiterhin die Stadtgemeinde Konstadt. Am 01.01. 1871 erfolgt die Erweiterung und Umbenennung des Norddeutschen Bundes zum Deutschen Reich.
Der Kreis Kreuzburg erfährt im Laufe der folgenden Jahrzehnte verschiedene Gebietserweiterungen wie am 26. 09. 1874 durch teilweise Eingliederung der Landgemeinde Cziorke aus dem Kreis Rosenberg, am 17. 05. 1913 Eingliederung des Gutsbezirks Wundschütz aus dem Kreis Rosenberg O.S. und im Jahr 1925/1927 Eingliederung des Gutsbezirks Windisch Marchwitz aus dem Kreis Namslau in den Kreuzburger Kreis. Die letzte Gebietserweiterung erfolgt am 30. 09. 1928 durch die Eingliederung des Gutsbezirks Neuhof aus dem Kreis Rosenberg O.S. in den Kreis Kreuzburg O.S. Damit hatte der Kreuzburger Kreis seine größte flächenmäßige Ausdehnung erreicht.
Die Verlegung des Kreissitzes von Konstadt nach Kreuzburg geschieht am 01.01.1880.
Der Kreis Kreuzburg in der preußischen Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Oppeln, umfaßt zum Stichtag 01.01.1908 insgesamt 115 Gemeinden/ Gutsbezirke. Sitz der Verwaltung ist die Stadtgemeinde Kreuzburg O.S.
Am 08.11.1919 wird die Provinz Schlesien aufgelöst und die Provinz Oberschlesien aus dem Regierungsbezirk Oppeln gebildet.
Der Kreis Kreuzburg war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts rein landwirtschaftlich geprägt.
In den Städten sich bildende Handwerkszünfte versorgten die Bevölkerung mit den nötigen Gütern und Waren. Durch die Anbindung des Kreises an das Eisenbahnnetz am 15.11.1868 mit der Strecke Breslau-Kreuzburg-Vossowska, am 10.12.1875 mit der Verbindung Kreuzburg-Pitschen-Posen und am 01.07.1883 mit der Linie Kreuzburg-Rosenberg setzt ein deutlicher Aufschwung in der wirtschaftlichen Entwicklung der Region ein.
Es kommt zu zahlreichen Gewerbeansiedlungen in den Städten des Kreises wie beispielsweise der Lumpensortieranstalt (1870) und der Zuckerfabrik (1881) in Kreuzburg, der Dampfmolkerei (1891), der Flachsröste (1895) und der Preßhefefabrik (1895) in Konstadt.
Zur Verbesserung der schulischen Bildung entstanden in der Zeit von 1802 bis 1842 in zahlreichen Dörfern Schulneubauten. In Kreuzburg wurde am 03.10.1860 die „Höhere Bürgerschule“ eröffnet. Am 22.04.1873 erfolgte die Einweihung des städtischen Gymnasiums an der Oppelner Straße.
Anfang des 20. Jahrhunderts entstehen in den Städten, Gas-, Wasser- bzw. Elektrizitätswerke zur Versorgung der städtischen Bevölkerung, städtische Neubaugebiete sowie befestigte Straßen. Darüber hinaus siedeln sich zahlreiche mittelständische Betriebe in den Städten an. In den Dörfern entstehen genossenschaftlich oder gutsherrschaftliche betriebene Brennereien.
Die bessere verkehrstechnische Erschließung des Kreisgebietes ermöglicht einen zunehmenden Warenaustausch mit den angrenzenden Regionen.
In den 20-iger Jahren werden die einzelnen Bereiche des Kreises Kreuzburg sukzessive an das Strom-Überlandnetz angeschlossen.
Bei der Abstimmung am 21.03.1921 stimmten im Landkreis Kreuzburg nur rd. 4,2 % für den Anschluß an Polen.
Im Jahr 1890 hat der Landkreis Kreuzburg 44.043 Einwohner, davon 30.824 Evangelische, 12.629 Katholiken und 585 Juden.
1933 ist die Einwohnerzahl auf 52.718 Personen gestiegen, davon 33.224 Evangelische, 19.164 Katholiken, 5 sonstige Christen und 264 jüdische Bewohner.
Dörfer mit überwiegend katholischer Bevölkerung waren Lowkowitz, Kunzendorf und Kuhnau, die bis 1810 zur Kommende der Kreuzherren mit dem roten Stern gehörten. Der übrige Landkreis war im Wesentlichen evangelisch geprägt.
Bei der Reichtagswahl am 05.03.1933 stimmten 55,18 % der Bevölkerung des Landkreises für die NSDAP. Die folgende Reichstagswahl am 19.08.1934 ergab 97,6% Stimmen für die Nationalsozialisten.
1935/36 wurden im Kreis Kreuzburg zahlreiche Ortsnamen mit slawischem Ursprung eingedeutscht. Die gewählten deutschen Ortsbezeichnungen waren Übersetzungen oder freie Erfindungen.
1939/1940 folgten viele Einwohner, die slawisch klingende Familiennamen hatten, der Aufforderung der Partei, ihre Namen eindeutschen zu lassen. Eine Zwangsnamensänderung gab es jedoch nicht.
Am 17./18. Januar 1945 wurden die Bewohner des Landkreises aufgefordert, ihre Wohnsitze wegen der nahen sowjetischen Front zu verlassen und die Auffanggebiete im Sudetenland aufzusuchen.
Während die evangelischen Bewohner der Aufforderung nahezu vollzählig Folge leisteten und in Trecks ihre Heimatorte verließen, bleib der überwiegende Teil der katholischen Bevölkerung zurück.
Die nach Kriegsende zurückgekehrten Einwohner mußten 1946 entweder für die polnische Staatsbürgerschaft optieren oder wurden bei Weigerung ausgewiesen.
Auf Beschluß der Siegermächte wurden die deutschen Ostgebiete und damit auch der Kreis Kreuzburg nach dem 08. Mai 1945 unter polnische Verwaltung gestellt. Am 08.03.1945 erfolgte durch den zuständigen Kommandanten der Roten Armee die Übergabe des Kreisgebietes an die polnischen Behörden, die bereits im April 1945 eine administrative Gliederung des Landkreises einführten, die anschließend am 27. November 1945 von der Woiwodschaftsverwaltung bestätigt wurde und bis 1975 Gültigkeit besaß. Im Zuge der 1975 durchgeführten Verwaltungsreform wurde der Landkreis Kreuzburg aufgelöst. 1998 entstand durch die 4. Verwaltungsreform der Landkreis Kreuzburg erneut, jedoch in geänderter Form.
Frühere Teile des Landkreises Rosenberg wie z.B. Bodland, Kraskau, Lassowitz und Kotschanowitz wurden dem Landkreis Kreuzburg angegliedert, der nun aus den 4 Samtgemeinden Kreuzburg, Pitschen, Konstadt und Lassowitz besteht. Die Gemeinde Groß-Lassowitz ist seit 2006 kraft Gemeinderatsbeschluss offiziell zweisprachig, da der deutsche Bevölkerungsanteil in dieser Gemeinde mehr als 20% ausmacht.
Hohe deutsche Bevölkerungsanteile von deutlich über 20 % gibt es noch in Bodland, Kraskau, Kuhnau, Lowkowitz, Kunzendorf, Lassowitz und Kotschanowitz.
Der Landkreis Kreuzburg hat heute 69.821 Einwohner, von denen 9.771 auf die Samtgemeinde Pitschen, 38.508 auf die Samtgemeinde Kreuzburg, 14.422 auf die Samtgemeinde Konstadt und 7.120 auf die Samtgemeinde Lassowitz entfallen.
Der Landkreis Kreuzburg ist heute überwiegend katholisch. Die kleinen evangelischen Gemeinden in Kreuzburg, Konstadt, Pitschen, Nassadel, Baumgarten, Lassowitz und Matzdorf gehören der Diözese der Evangelisch Augsburgischen Konfession in Kattowitz an.
Die katholischen Einwohner des nördlichen Kreisgebietes gehören zur Diözese Kalisch, die Katholiken des südlichen Kreisgebietes zur Diözese Oppeln.
Nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union im Jahr 2004 hat auch im Kreis Kreuzburg vielerorts ein deutlicher Aufschwung eingesetzt. Hohe Investitionen gehen in den Ausbau und die Erneuerung der Infrastruktur. Neue Gewerbegebiete wurden erschlossen und Betriebe angesiedelt.
Städtebauliche Sanierungsprogramme sind in den letzten Jahren durchgeführt worden, um die historische Bausubstanz zu erhalten. Darüber hinaus entstanden zahlreiche Neubaugebiete. Die Stadt Kreuzburg ist auf dem Weg zu einem Regionalzentrum.